27. Hamborner Hospizgespräch

„Lust und Last von Veränderungen auch angesichts von Abschied nehmen und Sterben“ war das Thema, zu dem die Hospizbewegung Duisburg Hamborn e.V. jetzt bei ihrem 27. Hamborner Hospizgespräch eingeladen hatte. Im vollbesetzten Saal des evangelischen Gemeindezentrum stellte der Referent Olaf Meier direkt zu Beginn die provokatorische Frage „ja wie passt denn die Lust zum Abschied nehmen und Sterben – geht das überhaupt zusammen? – und beantwortete sie mit der These, dass der Mensch ebenso wie er Lebensveränderungen im Laufe seines Lebens gestaltet, letztlich auch seinen Abschied vom Leben gestaltet.

Andrea Braun-Falco (Geschäftsführerin der Hospizbewegung Duisburg-Hamborn e.V.) begrüßt den Theologen und Psychologen Olaf Meier (Leiter der Telefonseelsorge)

Die Zuhörer konnten dem folgenden interessanten Vortrag entnehmen, dass es immer zwei Möglichkeiten gibt – bei Bewährtem zu bleiben, was Stabilität und Sicherheit gibt – oder Veränderungen anzustreben, was wach und beweglich hält. Menschen bevorzugen tendenziell eines von beiden, sie gehören entweder eher zu den veränderungsfreudigen oder zu den auf Stabilität setzenden. Gleichzeitig entscheidet auch die art der Veränderung, ob selbstgewählt oder von außen gesetzt, darüber, ob sie als Lust oder last empfunden wird. Mit einem kleinen Ausflug über Funktionsweisen des Gehirns, der Wahrnehmung und der Emotion zeigte Meier nachvollziehbar auf, dass und wieso Menschen Veränderungen unterschiedlich als Last oder Lust zuordnen, aber, dass auch dies änderbar ist. So gibt es seinen Worten nach durchaus Gestaltungsmöglichkeiten, selbst bei schwierigen Lebensveränderungen. „Das Leben ist eine Kette von Trennungen, Neubeginnen, Abbrüchen und Aufbrüchen, ein großer Prozess der Veränderungen“ so Meier. „Wenn wir dies erkennen und bejahen, wenn wir die beständige Vergänglichkeit spüren, so macht dies das Leben, Sekunden und Erlebnisse des Lebens kostbar.“ Olaf Meier zeigte im Folgenden Bedingungen auf, die Veränderungsprozesse begünstigen. Wichtig ist z.B., so konnten die Zuhörer erfahren, dass der Mensch das Gefühl von Kontrolle behält, d.h. dass er aktiv Veränderungen mitgestaltet. So hat es sich in der Trauerzeit beim Verlust eines Partners etwa bewährt den gewohnten ´Tagesrhythmus beizubehalten, aber dafür scherzhafte Riten oder Dinge zu ändern. Wichtig wären entscheiden und losgehen, wobei auch die NichtEntscheidung eine Entscheidung ist. Aber „etwas verpasst zu haben“ so Meier „das wird am Ende des Lebens bedauert, nicht das, was man im Leben falsch gemacht hat“ Auch seine weitere Thesen untermauerten, dass Veränderungen, selbst schwierige traurige Veränderungen nicht nur eine Last sein müssen, sondern durchaus reizvolle Facetten enthalten – eine Erfahrung, die gerade auch die Ehrenamtlichen der Hospizbewegung Duisburg-Hamborn e.V. in der Begleitung sterbender Menschen immer wieder machen. Ganz im Sinne von Hermann Hesse kann vielleicht auch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegensenden – und mancher Stein im Leben erweist sich – so Olaf Meier – als Architekt des wahren Lebens.