Als sich die Hospizbewegung Duisburg-Hamborn 1991 formierte, „da war das Wort „Hospiz“ noch ein Fremdwort“, sagt Josef Schmitz, der erste Vorsitzende. In 15 Jahren ist das Wort mit Leben erfüllt worden. „Die Hospizbewegung ist eine Bürgerbewegung“, sagt Schmitz, „von unten entstanden, von unten getragen.“ Von Menschen wie Ute Düllmann und Helga Jochem-Balshüsemann, die die Menschen, die dem Tod nahe sind, und deren engstes Umfeld begleiten. In den Wochen und Monaten, in denen ein Leben langsam erlischt. Düllmann und Jochem- Balshüsemann sind zwei von derzeit rund 15 Ehrenamtlichen, die für die Hospizbewegung Hamborn im ambulanten Einsatz sind. Seit vier Jahren sind sie dabei.
Tod und Krankheit waren im Leben von Düllmann selbst schon früh präsent: „Und ich habe gesehen, wie die Menschen sich zurückziehen, wie Berührungsängste entstehen. Ich wollte da anders mit umgehen.“ Ganz anders bei Jochem-Balshüsemann: „Bei uns waren Sterben und Tod immer ein Tabu. Da wurde nur drüber geflüstert.“ Es hat sich mit dem Ehrenamt längst geändert: Mittlerweile trägt die
„Das ist ein Schritt der schwierig ist“
eigene Tochter den Hospizgedanken weiter. Gemeinsam hatten sich die beiden Freundinnen bei der Hospizbewegung gemeldet. Bevor die ehrenamtlichen Begleiter anrücken, hat eine hauptamtliche Schwester der Hospizbewegung bereits einen Termin bei der Familie eines Sterbenden gehabt. Sie wägt ab, welche der Begleiterinnen in Frage kommt. Beim zweiten Termin begleitet die Hauptamtliche die Ehrenamtliche noch. Das erste Aufeinandertreffen mit dem Sterbenden: „Sie müssen sich vorstellen, es kommt jemand ganz Fremdes zu Ihnen. Das ist ein Schritt, der schwierig ist“, erzählt Düllmann. Sinn machte eine Begleitung nur dann, „wenn man merkt, da ist etwas Zwischenmenschliches, da ist Vertrauen.“ Indes stellt sich das schnell heraus. „Es entwickelt sich einfach so“, sagt ]ochem-Balshüsemann, „und ich bin überrascht, wie offen die Menschen sind: Wie sie aus ihrem Leben erzählen, welche Ängste sie haben.“
Für einige Stunden hält die Zeit inne: „Manchmal muss man einfach nur dasitzen und zuhören“, erklärt Düllmann. Dem Sterbenden – nicht zuletzt aber auch den Angehörigen. Oft, erzählen die beiden Frauen, bräuchten gerade die eine viel intensivere Begleitung – und sei es bloß, einfach für einige Zeit abgelenkt zu sein vom Leben mit dem Tod.
Düllmann kann von einer Begleitung erzählen, die dauerte über drei Jahre – „ein ganz enger Kontakt“, eine Krebspatientin war das. Und eine Seltenheit: 155 Menschen begleitete die Hospizbewegung im Jahr 2005. 109 verstarben im Jahr 2005, die meisten raffte der Krebs dahin. Die Hälfte aller Begleiteten hat den 70. Geburtstag nicht mehr erlebt. „Erschreckend“, sagt Jochem-Balshüsemann. Die Begleiter unterliegen einer Schweigepflicht, aber natürlich müssen
„Die Arbeit hat mein Leben bereichert“
sie – anonymisiert – sprechen über ihre Arbeit: „Man kann nicht einfach nach Hause gehen und sagen, jetzt ist alles vorbei“, erklärt Jochem-Balshüsemann. Schon allein, weil nicht jede Begleitung einfach ist: „Manchmal muss man auch ein dickes Fell haben.“ Oft aber spüren sie die Nähe, die zwischen den Begleitern, den Sterbenden und den Angehörigen entsteht, bis weit über den Tod hinaus. „Die Arbeit hat mein Leben bereichert“, sagt Düllmann, „die Dankbarkeit und die Gefühle, die da kommen.“ – „Sie sind ein Engel.“ – Auf der Erde.
Wenn es dem Ende zugeht
Die Begleitung ist kostenlos. „Einzige Bedingung ist, dass es dem Ende zugeht“, sagt Josef Schmitz, der Vorsitzende der Hospizbewegung Duisburg-Hamborn. Anlaufstelle ist das Büro der Initiative auf der Taubenstraße – zu erreichen unter Tel 556074.
Für eine ambulante statt stationäre Sterbebegleitung habe sich die Initiative entschieden weil das „dem Grundsatz der Hospiz-Idee“ entspreche, erklärt Schmitz. 92 Prozent aller Deutschen hätten den Wunsch, bis zum Ende zu Hause zu bleiben. Aktuell hat die Bewegung knapp 500 Mitglieder. Insgesamt engagieren sich 70 von ihnen in diversen Unter-Gruppen ehrenamtlich. Zur Finanzierung tragen seit drei Jahre auch Zuschüsse der Krankenkassen bei. „Die haben erkannt, dass zu Hause zu sterben billiger ist“, meint Schmitz ironisch. sk